Über den Sattel

Viehtrieb über Balderschwang und das Gunzesrieder Tal.

Die seit dem 15.Jahrhundert in Sonthofen abgehaltenen Märkte (Marktrechtsverleihung 1429 durch Kaiser Siegismund) hätten ohne den Viehhandel nicht die damalige Bedeutung erlangt.

Vor allem im 19. Jahrhundert blühte durch die aufkommende Grünlandwirtschaft der Rinderhandel. Aber auch der Pferdehandel gewann, besonders durch die kriegerischen Handlungen in Norditalien (Piemont), an Bedeutung.

Die Händler und Bauern kamen aus der Schweiz, Vorarlberg, dem heute württembergischen Allgäu, aber auch aus der Ulmer Gegend und sogar vom Oberrhein, aus Sachsen und Preußen.

Besondere Bedeutung kam den Rindern aus dem Bregenzer Wald, dem Großen Walsertal und dem Montafon zu.

Das ‘Wälder Vieh’, ein Braunvieh von besonders dunkelbrauner Färbung und gedrungener niedriger Statur, war ob seiner Genügsamkeit und der guten Eignung auf Hochalpen besonders beliebt.

Der Viehtrieb nach Sonthofen von heute österreichischer Seite ging vor allem über Balderschwang und das Gunzesrieder Tal.

Landschaftsbezeichnungen, wie das “Wälder Loch”, also der Zugang zum Bregenzer Wald, zu welchem damals auch Balderschwang wegen seiner mangelnden Anbindung an das seinerzeitige Bayern gerechnet werden konnte, stammen aus jener Zeit.

Die Wegverbindung zwischen Balderschwang und dem Oberallgäu ging zwangsläufig über den Bergsattel am Bleicherhorn, der “Oberen Wilhelmine Alp” durch das “Wälder Loch” zur “Unteren Wilhelmine Alp” weiter über “Oberstubenbach” und “Knie” zur Gunzesrieder Säge. Hier gab es im “Hirsch” die erste Einkehrmöglichkeit im Tal.

Der “Fahrweg” von der Säge über Gunzesried, Halden, Bihlerdorf / Seifriedsberg nach Sonthofen war relativ komfortabel.

Wenn man sich vorstellt, daß zur Blütezeit der Sonthofener Märkte bis zu 6500 Tiere aufgetrieben wurden, davon ein Großteil über Balderschwang und das Gunzesrieder Tal, kann man sich ausrechnen, was auf dieser Strecke los war.

Vieh vom Sonthofener Markt wurde bis nach Wilna getrieben. Pferde über die “Via Mala” in der Schweiz in’s Kriegsgebiet von Piemont.

Heute wäre für die Organisation eines solchen “Marktereignisses” eine unvorstellbare “logistische” Vorbereitung unter Einsatz von Computern mit Spezialsoftware notwendig. Für eine reibungslose Abwicklung sorgte damals allein der gesunde Menschenverstand. Es klappte alles bestens. Auch der Ort Sonthofen, mit damals etwa 170 Häusern, organisierte die Märkte mit Bravour.

Leider gelang es, trotz mehrerer Versuche nicht, die Viehmärkte nach dem letzten Krieg wieder zu beleben.

Zurück zur Karte Zurück zur Übersichtsseite "G'schichten"